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Verletzung der Auswahlobliegenheit beim Einsatz von Subunternehmern - Gericht weist Deckungsklage ab

torek, 23 junij 2015

Am 28.02.2014 (!) wurde der Beschluss des Nationalrates zur Steuererhöhung veröffentlicht. Neben einer Vielzahl von steuerlichen Änderungen erfolgte auch die Zustimmung zur generellen Erhöhung der MVSt. mit Wirkung vom 01.03.2014. Damit betrifft die Anhebung sowohl alle neu angemeldeten als auch alle bereits aktiven Fahrzeuge.

Vor knapp zwei Jahren haben wir an dieser Stelle bereits auf die zunehmende Tendenz bei Verkehrshaftungsversicherern hingewiesen, die Leistung im Falle von Ladungsunterschlagungen zu verweigern, wenn dem nachweislich eine Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers vor Eintritt des Schadenfalles vorausgegangen ist. Zu diesem Sachverhalt ist nun erstmals ein versichererfreundliches erstes Urteil ergangen, welches derzeit allerdings noch nicht rechtskräftig ist.

Im vorliegenden Fall sah das Landgericht München 1 (AZ 13 KH O 5832/14) ein Versäumnis des Versicherungsnehmers in der mangelhaften Betriebsorganisation bei der Beauftragung neuer Subunternehmer. Über einen Aushang  in den Geschäftsräumen des Versicherungsnehmers seien dessen Mitarbeiter zwar über die internen Richtlinien zur Vergabe eines Transportauftrages an einen fremden Frachtführer informiert worden. Dieser Aushang sei als passive Mitarbeiterinformation allerdings nicht geeignet, wie bei der Beauftragung von Unternehmen mit neuen Geschäftskontakten, zu verfahren sei.

Denn der Versicherungsnehmer habe es darüberhinaus unterlassen, die Kontrolle dieser Anweisungen auch durchzuführen und seiner Sorgfalt als ordentlichem Kaufmann dadurch nachzukommen.

Der Disponent, der nach Auffassung des Gerichts als Repräsentant an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist, habe sogar die angeführten Prüfkriterien und aufgelegte Checkliste nicht einmal bruchstückhaft umgesetzt.

Daher ist es unverzichtbar, seine Geschäftspartner, einer genauen Prüfung zu unterziehen.

Dies könnte beispielsweise mittels einer Checkliste, die mindestens folgende Punkte enthalten könnte, umgesetzt werden (dies ist keine abschliessende Liste, erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit und soll lediglich als Handlungsempfehlung dienen und erfolgt ohne Gewähr):

  • Postadresse mit Internetauftritt abgleichen
  • Ist eine Festnetznummer vorhanden und kann diese durch Rückruf überprüft werden?
  • Firmen mit kostenlosen E-Mail Adressen (z.B. gmx, googlemail, yahoo usw.) besonders genau prüfen oder noch besser zu meiden
  • Referenzen aus bisherigen Frachtaufträgen sowie vergangene Mautabrechnungen anfordern und Echtheit mittels Anruf nachprüfen. 
  • Aktuelle Versicherungsbestätigung mindestens in Englisch mit ausreichender Versicherungssumme einholen (als vereinbarte Versicherungssumme würden EUR 240.000  die CMR Höchsthaftung einer Komplettladung ausgehend von max. 24to widerspiegeln und sollten als Minimumstandard akzeptiert werden) und deren Gültigkeit sowie Prämienzahlung auch aktiv beim hinterlegten Versicherer telefonisch abfragen und prüfen, ob ggf. Sublimite nicht ausgeschöpft sind. 
  • Kopie aktuelle EU-Lizenz und Handelsregisterauszug anfordern und zur Akte geben
  • Amtliches Kennzeichen des abholenden Fahrzeugs erfragen und dem Absender mitteilen
  • IBAN Kontoverbindung z.B. auf http://www.bankleitzahlen.de/iban-pruefer.html prüfen
  • UID Nummer z.B. auf http://ec.europa.eu/taxation_customs/vies/?locale=de prüfen 

So könnte aus unserer Sicht bereits einem möglichen Vorwurf der mangelhaften Prüfung des Subunternehmers wirkungsvoll entgegengetreten werden.

Generell empfiehlt es sich auch, die Weitervergabe von Aufträgen zu untersagen, es sei denn, der Unterfrachtführer genügt ebenso diesen Sicherheitskriterien. Insbesondere bei kurzfristigen Transporten, sollte der Einsatz von unbekannten Transportunternehmen, die sich über eine Frachtenbörse melden, gemieden werden.

Neben diesen Prüfkriterien für den Einsatz von Subunternehmern vor der Auftragsvergabe raten wir in Bezug auf die Kontroll- und Ueberwachungsobliegenheiten des Versicherungsnehmers folgendes:

  • Aufnahme der zu prüfenden Kriterien bei der Frächterauswahl in die Arbeitsanweisung des Mitarbeiters bzw. Disponenten und sich diese gegenzeichnen zu lassen
  • Zweitunterschrift des Vorgesetzten/Kollegen im Rahmen eines Vieraugenprinzips auf dem Prüfprotokoll des Frächters
  • regelmässige Revisionen und Audits der Einhaltung dieser Vorschriften in der Disposition seitens der Geschäftsleitung und diese nachweislich dokumentieren

Im hier erwähnten Rechtstreit wurde die Deckungsklage über gut EUR 88.000,- abgewiesen, ganz zu schweigen vom Entzug weiterer Transportaufträge aufgrund dieses vermeidbaren Vorfalls.

Daher sollten diese wenigen zusätzlichen Prüfschritte im stressigen Dispositionsalltag zwar ein wenig mehr Aufwand bedeuten, sollten es jedoch wert sein. Sie könnten dem Versicherer nämlich schon schnell beim Durchleuchten Ihrer Betriebsorganisation „den Wind aus den Segeln nehmen“, so dass kleinste Mängel bei der Auswahl des Subunternehmers und Kontrolle der Angestellten in Bezug auf vorgegebene Arbeitsabläufe dem Spediteur gar nicht erst angelastet werden können. Kleine Massnahmen mit grosser Wirkung – es lohnt sich!

Gerne stellen wir auf Anfrage das vollständige Urteil zur Verfügung. Anbei bereits der zentrale Leitsatz zur Urteilsbegründung:

Anhang: Leitsatz des LG München 1 AZ 13 KH O 5832/14:

„Zu den Obliegenheiten … gehört, dass der Versicherungsnehmer seine betrieblichen Abläufe so organisiert und zweckmäßige Anweisungen erteilt, dass diese vorausschauend geeignet sind, die Obliegenheiten zu wahren. Insoweit ist es erforderlich, dass eine geschlossene und in sich stimmige Betriebsorganisation des Versicherungsnehmers gewährleistet wird, damit die vom Versicherungsnehmer betrauten Angestellten dessen Pflichten gegenüber dem Versicherer wahren können. Daneben ist eine hinreichend dichte, häufige und konkrete Kontrolle der Angestellten daraufhin, ob die vorgegebenen Arbeitsabläufe eingehalten sind, erforderlich.“

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